Dokumentenidentifikation DE19514477A1 24.10.1996
Titel Verfahren und Vorrichtung zum Fräsen von scharfen Innenecken
Anmelder WMF Württembergische Metallwarenfabrik AG, 73312 Geislingen, DE
Erfinder Wörz, Hans, 73340 Amstetten, DE
DE-Anmeldedatum 19.04.1995
DE-Aktenzeichen 19514477
Offenlegungstag 24.10.1996
Veröffentlichungstag im Patentblatt 24.10.1996
IPC-Hauptklasse B23C 3/26
Zusammenfassung Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Fräsen von Innenecken mit einem Eckenradius, der kleiner ist als der Radius des verwendeten Fräsers, auf einer computergesteuerten Fräsmaschine. Dabei beschreibt der Fräsermittelpunkt eine von der Fräserform abhängige Bahn bei gleichzeitig definierter Stellung der Fräserschneide bezüglich der X- beziehungsweise Y-Achse der Maschine. Bedingung hierfür ist eine Fräsmaschine, die es erlaubt, die Spindel in definierte Stellungen zu bringen.
Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Fräsen von Innenecken mit einem Eckenradius kleiner als der Radius des verwendeten Fräsers auf einer computergesteuerten Fräsmaschine.
Das erfindungsgemäße Verfahren löst ein Problem, das so alt ist wie das Fräsverfahren selbst. Beim Fräsen von Innenecken in Taschen, Durchbrüchen oder ähnlichem entsteht nie eine scharfe Ecke, sondern immer eine gerundete Ecke mit Eckenradius ≤ Fräserradius.
Oft ist es aber technisch notwendig, daß scharfe Ecken erzeugt werden müssen. In solchen Fällen mußte man bisher auf andere Bearbeitungsverfahren, wie zum Beispiel das Senkerodieren oder Drahterodieren, zurückgreifen. Diese alternativen Verfahren sind zeitaufwendiger und teurer als das Fräsen. Um eine gute Zerspanleistung zu erhalten, ist das Fräsverfahren ein bevorzugtes Bearbeitungsverfahren. Braucht man aber scharfe Ecken, so mußte man bisher das Werkstück von der Fräsmaschine nehmen, um mit einem anderen, aufwendigeren Verfahren die scharfe Ecke herzustellen. Für Konturen, die als Gegenstück zu scharfen Außenkanten vorgesehen sind, mußte bisher ein sogenannter Freistich gemacht werden, bei dem die Ecke zwar auch abgerundet, aber von der eigentlichen Kontur abgesetzt ist. Eine weitere Möglichkeit ist das Umkonstruieren des fertigen Produktes, das oft mit hohen Folgekosten verbunden ist oder andere funktionelle Nachteile mit sich bringen kann.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde ein Verfahren und eine Vorrichtung zu entwickeln, mit dem Innenecken mit einem Eckenradius ≤ Fräserradius auf einer Fräsmaschine hergestellt werden können. Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß der Fräsermittelpunkt zum Erzeugen der endgültigen Werkstückkontur eine Bahn 1 gemäß Fig. 1 für eine 90 Grad Ecke durchläuft. Bei anderen Eckenwinkeln ist diese Bahn entsprechend angepaßt. Zu jedem Punkt auf dieser Bahn ist genau eine Winkelstellung der Fräserschneide bezogen auf die X-Achse 4 der Maschine vorgegeben. Das Bearbeiten der gesamten Ecke muß natürlich in mehreren Zyklen erfolgen, genauso wie man ein großes Volumen auch in mehreren Zyklen zerspant. Je nach Werkstoff, Werkzeug und geforderter Oberflächengüte werden dazu mehr oder weniger viele Zyklen gebraucht. Ein Werkstück kann so in einer Aufspannung auf einer erfindungsgemäß ausgestatteten Fräsmaschine bearbeitet werden und mit scharfen Innenecken versehen sein. Ein eventuell notwendiger Werkzeugwechsel ist bei modernen Fräsmaschinen absolut problemlos möglich, so daß mit einem guten Schruppfräser erst einmal ein großes Volumen zerspant werden kann, dann mit einem Schlichtfräser die Kontur feinbearbeitet wird, um dann mit einem geradverzahnten Fräser die scharfen Innenecken herzustellen. Es ist natürlich genausogut möglich mit dem für die scharfen Innenecken vorgesehenen geradverzahnten Fräser die Zerspanung des übrigen Volumens oder zumindest die Schlichtbearbeitung zu machen. Hier muß dann von Fall zu Fall entschieden werden, je nach Zerspanungsvolumen, Werkstoff und geforderter Oberflächengüte.
Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich auch für Innenecken mit Winkeln über 90 Grad und für ausgerundete Innenecken mit einem sehr kleinen Eckenradius. Hierbei wird die Bahn des letzten Zyklusses in der Ecke entsprechend angepaßt.
Es ist zwar auch möglich, Ecken mit einem kleinen Eckenradius mit einem sehr kleinen Fräser herzustellen. Diese kleinen Fräser sind aber sehr teuer und empfindlich, und sie haben eine geringe Standzeit.
Von der Drehbearbeitung ist das "Mehrkantschlagen" bekannt. Bei diesem Verfahren werden die Drehzahlen der Hauptspindel und des angetriebenen Werkzeugs entsprechend der gewünschten Anzahl der zu erzeugenden Flächen und der Anzahl der Schneiden des Werkzeugs aufeinander abgestimmt. Dieses Verfahren erlaubt es, auf einer herkömmlichen Drehmaschine z. B. einen Sechskant herzustellen.
Das neuerungsgemäße Verfahren geht für die Fräsbearbeitung noch einen Schritt weiter. Hier wird gemäß Anspruch 1 für eine definierte Bahn 1, 2, 3 oder 101 des Fräsermittelpunktes eine davon abhängige Drehung der Hauptspindel um einen bestimmten Winkel α&sub5; bis α&sub1;7 verlangt. Die Bahn 1, 2, 3 oder 101 des Fräsermittelpunktes hängt von der Form des Fräsers ab (Anspruch 4). Bis zu einem Abstand des Fräsennittelpunktes, der dem Fräserradius entspricht, wird die Kontur herkömmlich gefräst. Dann durchläuft der Fräsermittelpunkt die definierte Bahn 1, 2, 3 oder 101 und die Fräserschneide macht, ausgehend von der senkrechten Stellung zur Kontur, eine Vierteldrehung (bei einer 90 Grad Ecke). Dabei gibt es für jeden beliebigen Punkt 5&min; bis 17&min; auf der zu fräsenden Kontur 19 genau einen Punkt 5 bis 17 auf der Bahn 1, 2, 3 oder 101 des Fräsermittelpunktes und genau einen Drehwinkel α&sub5; bis α&sub1;&sub7; für die Lage der Schneide 20 bezüglich der X-Achse 4 der Maschine.
Voraussetzung für das erfindungsgemäße Verfahren ist eine Einrichtung an der verwendeten Fräsmaschine, die es erlaubt, die Winkelstellung der Schneide 20 bezüglich der X- Achse 4 der Maschine festzustellen. Dies kann nach Anspruch 12 mechanisch dadurch gelöst werden, daß der Fräser nur in einer bestimmten Lage eingebaut werden kann (Zapfen und Nut oder ähnliches), oder nach Anspruch 13 über eine optische Einrichtung zur Erfassung der Lage nach dem Werkzeugwechsel. In jedem Fall muß die erfindungsgemäße Fräsmaschine in der Lage sein, den Fräser in definierte Winkelstellungen zu bringen.
Eine besonders einfache Ausführungsform besteht darin, die Bahn 1, 2, 3 oder 101 des Fräsermittelpunktes durch möglichst viele, zum Beispiel 100, Einzelpunkte auf der Bahn anzunähern. Durch die Trägheit der bewegten Massen wird sich im Ergebnis nur ein sehr geringer Unterschied zu einer Bearbeitung mit einer geometrisch exakten und stetigen Bahnkurve ergeben. Genausogut kann aber die Bahn 1, 2, 3 oder 101 auch mathematisch bestimmt sein. Die mathematische Funktion für die Bahn 1, 2, 3 oder 101 hängt in diesem Fall auch von der Form des verwendeten Fräsers ab.
Gemäß Anspruch 10 ist es sinnvoll, die zu erzeugende Ecke nicht in einem einzelnen Durchgang zu erzeugen, sondern in mehreren Zyklen herzustellen. Dabei wird der Ausgangspunkt von jedem Zyklus zum nächsten Zyklus auf der Winkelhalbierenden der Ecke immer näher von Punkt 21 ausgehend nach Punkt 22 verschoben. Fig. 6 soll dies veranschaulichen.
Eine weitere vorteilhafte Ausführungsform besteht darin, daß man den Zyklus zum Erzeugen der Ecke als unabhängigen Programmbaustein, auch Makro genannt, ablegt, so daß bei der Programmierung der Ecke nur noch Parameter wie Lage der Schenkel zueinander und zu den Maschinenkoordinaten, die Vorschubgeschwindigkeit, die Tiefenzustellung, der Eckenradius, etc. eingegeben werden müssen.
Weitere Einzelheiten der Erfindung werden in den Fig. 1 bis 8 schematisch dargestellt.
Hierbei zeigt:
Fig. 1 eine erste Ausführung der Bahnkurve des Fräsermittelpunktes
Fig. 2 bis 5 einzelne Zwischenstufen aus der Bewegung aus Fig. 1
Fig. 6 einzelne Phasen der Zustellbewegung
Fig. 7 eine zweite vorteilhafte Form der Bahnkurve des Fräsermittelpunktes
Fig. 8 ein für das erfindungsgemäße Verfahren besonders geeignetes Fräswerkzeug 18.
Fig. 1 zeigt eine zu fräsende Kontur 19, einen Fräser 18 im Querschnitt und eine erste Ausführung der Bahn des Fräsermittelpunktes 1. Für andere Fräserformen ergeben sich auch andere Bahnkurven, da es darauf ankommt, daß der Fräser nie an die Kontur anstößt. Die Bahnkurve kann eine höhere mathematische Funktion sein, kann aber auch durch CAD mit Hilfe eines B-Splines durch mehrere "Aufhängepunkte" gefunden werden. In Fig. 1 sind exemplarisch 13 Bahnpunkte 5 bis 17 mit den dazugehörigen Punkten 5&min; bis 17&min; auf der zu fräsenden Kontur und den entsprechenden Winkelstellungen α&sub5; bis α&sub1;&sub7; dargestellt. Bei dieser ersten Ausführung der Bahnkurve 1 fährt der Fräser zunächst geradlinig von Punkt 5 nach Punkt 6 mit einem konstanten Winkel α&sub5; senkrecht zur Kontur 19. Dann durchläuft der Fräsermittelpunkt angetrieben durch die Vorschubachsen die Bahn durch die Punkte 6 bis 16, wobei sich der Fräser um eine Vierteldrehung bis zum Winkel α&sub1;&sub6; dreht. Jedem Punkt X auf der Bahnkurve 1 ist dabei genau ein Winkel αX zugeordnet. Nach dieser Kurvenbewegung fährt der Fräsermittelpunkt wieder eine geradlinige Bahn von Punkt 16 nach Punkt 17 mit konstantem Drehwinkel.
Die Fig. 2 bis 5 zeigen jeweils beispielhaft einzelne Phasen aus dem in Fig. 1 im gesamten dargestellten Bewegungsablauf, um den Zusammenhang zwischen Bahnpunkt X und Winkel αX darzustellen, bezogen jeweils auf den letzten Bearbeitungszyklus, der die endgültige Kontur herstellt.
Fig. 6 zeigt für die erste Ausführungsform der Bahnkurve 1 beispielhaft eine Bahnkurve 2, die einen Zwischenschritt bei der Gesamtbearbeitung der Ecke ausgehend von Kontur 23 über den gezeigten Zwischenschritt, der die Kontur 24 erzeugt, bis zur Endkontur 19 darstellt.
Fig. 7 zeigt eine zweite bevorzugte Form der Bahnkurve 101 des Fräsermittelpunktes. In diesem Fall beginnt die Drehbewegung des Fräsers schon beim Startpunkt des Eckenzyklusses, also Vorschubbewegung und Spindeldrehung von Anfang bis Schluß der Kontur gekoppelt. Auch hier hängt die genaue Form der Bahnkurve 101 letztlich von der Form des verwendeten Fräsers ab.
Fig. 8 zeigt ein Fräswerkzeug 18 im Querschnitt, wie es für das erfindungsgemäße Verfahren verwendet werden kann. Die Verwendung von Fräsern mit mehr als zwei Schneiden macht keinen Sinn, da dann die im Eingriff befindliche Schneide nicht nah genug in die Ecke einfahren kann, ohne daß der Fräser an einer anderen Stelle an die Kontur anstößt.
Anspruch[de]
1. Verfahren und Vorrichtung zum Fräsen von Innenecken mit einem Eckenradius kleiner als der Radius des verwendeten Fräsers auf einer computergesteuerten Fräsmaschine, dadurch gekennzeichnet, daß die Fräserschneide eine Bahn beschreibt, die dadurch erzeugt wird, daß die Bewegungen der Vorschubachsen und die Drehbewegung des Fräsers derart aufeinander abgestimmt sind, daß die Bahn der im Eingriff befindlichen Schneide zunächst geradlinig verläuft, an einem definierten Eckpunkt die Bewegungsrichtung um einen vorgegebenen Winkel wechselt, und dann wieder eine geradlinige Bahn beschreibt.
2. Verfahren und Vorrichtung nach Anspruch (1), dadurch gekennzeichnet, daß die verwendete Fräsmaschine eine Einrichtung umfaßt, mit der zu jeder Zeit die genaue Stellung der Fräserschneide(n) bestimmt werden kann.
3. Verfahren und Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche (1) und (2), dadurch gekennzeichnet, daß die verwendete Fräsmaschine mit einer Steuerung ausgerüstet ist, die die Vorschubachsen und die Spindeldrehung abhängig voneinander steuern kann.
4. Verfahren und Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche (1) bis (3), dadurch gekennzeichnet, daß die Vorschubachsen eine Bahn 1 des Fräsermittelpunktes gemäß Fig. 1 erzeugen.
5. Verfahren und Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche (1) bis (4), dadurch gekennzeichnet, daß die Vorschubachsen eine Bahn (101) des Fräsermittelpunktes gemaß Fig. 7 erzeugen.
6. Verfahren und Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche (1) bis (5), dadurch gekennzeichnet, daß die Bahn (1, 2, 3) oder (101) des Fräsermittelpunktes durch eine möglichst hohe Anzahl von Einzelpunkten, mindestens (100), angenähert wird.
7. Verfahren und Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche (1) bis (6), dadurch gekennzeichnet, daß als Werkzeug ein Fräser mit geraden Schneiden verwendet wird.
8. Verfahren und Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche (1) bis (7), dadurch gekennzeichnet, daß als Werkzeug ein Fräser mit maximal 2 Schneiden am Umfang verwendet wird.
9. Verfahren und Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche (1) bis (8), dadurch gekennzeichnet, daß für einen Durchlauf der Bahn (1, 2, 3) oder (101) für die Vorschubachsen der Fräser nur maximal eine Viertelumdrehung macht.
10. Verfahren und Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche (1) bis (9), dadurch gekennzeichnet, daß die gesamte Ecke in mehreren Zyklen erzeugt wird, wobei sich von einem Zyklus zum nächsten die Bahn des Fräsermittelpunktes immer näher an die endgültige Bahn annähert, und daß beim letzten Zyklus die endgültige Bahn abgefahren wird.
11. Verfahren und Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche (1) bis (10), dadurch gekennzeichnet, daß alle Parameter und Abläufe für die Erzeugung der Ecke als unabhängiger Programmteil (Makro) an jeder Stelle in einem Bearbeitungsprogramm eingesetzt werden können.
12. Verfahren und Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche (1) bis (11), dadurch gekennzeichnet, daß die Werkzeugaufnahme der verwendeten Fräsmaschine derart geformt ist, daß der Fräser nur in einer definierten Lage bezüglich der Spindelachse eingesetzt werden kann.
13. Verfahren und Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche (1) bis (12), dadurch gekennzeichnet, daß vor dem Beginn der Bearbeitung die Stellung der Fräserschneide(n) bezüglich der Spindelachse mit Hilfe einer optischen Einrichtung bestimmt werden kann.